
Ladies and Gentlemen,
im heutigen Beitrag lesen Sie ein Interview mit Sandro Dühnforth von “Die Herrenschneider”. Es freut mich außerordentlich, zu diesem spannenden Thema mit einem echten Fachmann sprechen zu können.
Was sind „Die Herrenschneider“?
Die Herrenschneider – Echte Maßarbeit. Ehrliches Handwerk.“ Sind ein Zusammenschluss von sieben selbstständigen Herrenschneidern, die es sich es zur Aufgabe gemacht haben unser geschichtsträchtiges Handwerk zu schützen und Aufklärungsarbeit zu leisten.
Wie genau wollen Sie das erreichen?
Zum einem wollen wir Kollegen durch fachlichen Austausch die Möglichkeit bieten ihre Betriebe wirtschaftlicher zu führen und zusätzlich versuchen wir sie zu animieren Ausbildungsplätze zu schaffen. Nur durch die Schaffung von Ausbildungsplätzen können wir sichergehen, dass unser Handwerk zukunftsträchtig bleibt und es genügend Fachpersonal gibt, die uns dabei helfen können mit unseren Betrieben zu wachsen. Zum anderen möchten wir durch verschiedenen Kanäle ein Publikum über den Begriff des „wahren Maßanzuges“ aufklären, der durch geschickte Marketingkampagnen großer Maßkonfektionsketten irrtümlich gebraucht worden ist.
Das Bedeutet, dass Sie der Maßkonfektion skeptisch gegenüberstehen?
Keineswegs. Die Maßkonfektion ist ein erschwinglicher Kompromiss zwischen Stangenware und Maßanzug. Es ist uns nur wichtig zu vermitteln, dass ein Maßkonfektionsverkäufer nicht die Expertise besitzen kann, die wir durch unseren langen Ausbildungsweg erreicht haben. Das schlägt sich natürlich auch im Ergebnis nieder.
Wo liegt für Sie der wesentliche Unterschied zwischen einem Maßkonfektionär und einem Maßschneider?
Die Maßkonfektion ist ihrer Qualität sehr weit vorangeschritten. Die grundsätzliche Qualität steht und fällt aber immer mit der Qualifikation des Verkäufers und dem Entstehungsprozess. Bei der Qualität einer Schulung des Verkäufers und der Kontakt mit einer anderssprachigen Produktionsstätte können viele Fehler passieren, die im Vorfeld vom Kunden nicht einschätzbar sind. Der Schneider hat in der Regel einen langjährigen Berufs- und Bildungsweg hinter sich, bei dem er vom ersten Knopfloch bis zur Schnittkonstruktion viele Fertigungsschritte routiniert hat. Zudem ist der Schneider in jedem Arbeitsschritt persönlich involviert und steht mit seinem Namen hinter jedem Detail.
Was wollen Sie langfristig erreichen?
Auf lange Sicht ist es uns ein Anliegen zu wachsen. Glücklicherweise haben wir bereits in den ersten Monaten sehr viel Zuspruch und Beitrittsanfragen erhalten, so dass wir im nächsten Jahr weitaus mehr Mitglieder sein werden und damit auch mehr Möglichkeiten haben werden. Wir haben viele Pläne, die sich dem fachlichen Austausch und der Aufklärungsarbeit widmen. Zunächst sind wir aber in der Aufbauarbeit und wollen dies auch mit viel Ruhe begehen.
Was ist für Sie das Alleinstellungsmerkmale des deutschen Schneiderhandwerks?
Ich würde dem deutschen Schneiderhandwerk die gleichen Attribute zuordnen, die man den Deutschen generell zuordnen würde: Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit. Neben der englischen und der italienischen Ausrichtung in der Herrengarderobe gibt es auch noch eine deutsche Sicht auf die Bekleidungskultur. In unserem Handwerk lassen wir nicht den Anzug für seinen Träger sprechen, sondern schneidern eine Unterstreichung seiner individuellen Persönlichkeit. Durch die deutsche Genauigkeit ist die Qualität von Passform auch wiederholbarer, als in anderen Ländern.
Was bedeutet für Sie Stil?
Stil ist so vielfältig und einzigartig, wie Fingerabdrücke. Die Aufgabe des Schneiders ist es diesen Stil zu erkenn und umzusetzen. Viele Herren verwechseln häufig Dresscode mit Stil. Der Dresscode ist wichtig, um einen Leitfäden für gesellschaftlich Anlässe zu geben und dem Gastgeber Respekt zu zollen. Viele vergessen aber gerne, dass viele Aspekte des Dresscodes durch Stilbrüche entstanden sind.
Was macht für Sie einen gut angezogenen Herrn aus?
Die Selbstverständlichkeit, die ein Mann beim Tragen seiner Garderobe vermittelt, wobei er sie morgens aber mit Bedacht ausgewählt hat.
Worauf achten Sie als erstes, wenn Sie das Outfit – oder besser „die Gesamterscheinung“ – eines Mannes sehen?
Ich achte auf viele Details, die von den wenigsten wahrgenommen werden. Besonders schaue ich mir einen Anzug gerne von der Seite oder von hinten an. Die Front eines Sakkos wird häufig so „totgeklebt“, dass es nur noch wenig Falte wirft. Aber bei dem Rücken verrät sich häufig die Schnittkunst.