
Ladies and Gentlemen,
heute möchte ich Ihnen die Geschichte eines der ungewöhnlichsten Cocktails erzählen, welcher jemals erfunden wurde.
Geschichte und Geschichten
Der Schriftsteller Alec Waugh (1898 – 1981) nannte ihn seinerzeit “The most powerful drink in the world”.
Für ihn – wie auch für viele andere Kenner und Liebhaber von Cocktails – gibt es nicht nur ein Rezept, sondern derer Viele. Wird der French 75 richtig zubereitet, so kann er herrlich erfrischend, oder aber auch reichhaltig und komplex sein.
Nicht ganz so gut gemixt ist tendiert er dazu, eine leblose Brühe darzustellen.
Das Geburtsdatum des ersten French 75 zu bestimmen ist nahezu unmöglich, da es – wie so oft – leider keinerlei zuverlässige Aufzeichnungen gibt, die die Geburt einzelner Cocktails und besonders dieses Cocktails dokumentieren. Es wird häufig davon ausgegangen, daß der Ursprung dieses Cocktails in Frankreich liegt (zumindest lässt der Name darauf schließen). Bisweilen wird seine Entstehung dem Buck’s Club – einem Londoner Gentlemen’s Club zugeschrieben – Dieser jedoch lehnt jegliche Verantwortung ab. Möglichweise, da in seinen Räumen der 1921 vom Bartender McGarry kreierte „Buck’s Fizz“ das Licht der Welt erblickt hat – ein weltberühmter Cocktail scheint völlig ausreichend.
Die in unseren Tagen verbreitete Version des Cocktails, welche auf der ganzen Welt serviert wird, ähnelt ihren Vorgängern nur noch sehr entfernt.
Der French 75 wurde in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts im Londoner Hotel Savoy berühmt, jedoch hat der Drink, den das Hotel heute serviert wird, auch nichts mehr mit Dem von damals gemein. Auch der Name des Drinks ist Gegenstand vieler Anekdoten – so geht man davon aus, dass der Cocktail seinen Namen von einer französischen 75mm Artilleriekanone hat.
Sie haben richtig gelesen Ladies and Gentlemen – eine Kanone! Die „Canon de 75mm Modèle 1897“ war das erste moderne Feldgeschütz, welches bis zu 30 Schuss pro Minute abfeuerte. Im Rahmen einer öffentlichen Propagandakampagne welche an einem regnerischen Sonntagmorgen – dem 7. Februar 1915 begann – schwärmten ganz Frankreich Frauen aus und verkauften an rot-weiß-blauen Bändern aufgehängte Embleme der Kanone. Bis zum Ende des “La Journée du 75” waren 22 Millionen dieser Bänder verkauft und fast fünfeinhalb Millionen französische Francs gesammelt worden, um Versorgungspakete für die Männer an der Front bereitzustellen.
Vermutlich wurde in dieser Aufregung der gleichnamige Cocktail geboren, wie die Waffe hatte auch er eine heftige Wirkung.
Am 2. Dezember 1915 fand dieser bemerkenswerte Cocktail endlich seine erste „offizielle“ Erwähnung in der “New York Day by Day”- Kolumne von Oscar Odd McIntyre (1884 –1938) die er für den Washington Herald schrieb.
Stürmische Zeiten
“Der Kriegskorrespondent Edward Alexander Powell hat den Soixante-Quinze-Cocktail – den French 75 – von der Front an den Broadway zurückgebracht” war McIntyres Artikel zu Entnehmen. Ein Jahr später war im britischen „Sphere“ Magazin über die Stimmung im kriegsmüden Pairs zu lesen: „Das einzige Anzeichen von Heiterkeit, das in irgendeinem Restaurant zu finden ist, ist ein Cocktail, den der Mixer der amerikanischen Bar Ciro’s erfunden hat und der ‘soixante-quinze’ heißt, eine angenehme Mischung aus Calvados-Apfelbrand und anderen geheimnisvollen Zutaten.“ – hier hat der Schreiber möglicherweise geflunkert, da der Cockteil wohl nicht bei Ciro’s erfunden wurde.
Im 1922 erschienenem „Cocktails: How to Mix Them“ verortet Robert Vermeire den Geburtsort des French 75 in Henry’s Bar – jedoch geht selbst da Vermeire nur so weit zu sagen, dass Henry Tépé den Cocktail „eingeführt“ hat.
Zu allem Überfluss entsprach der Drink nicht dem typischen „Cocktailprotokoll“: wird ein etablierter Drink überarbeitet, so erhält er für gewöhnlich einen neuen Namen. Beispielsweise wird aus einem Martini mit einer Zwiebel ein „Gibson“. Derlei Umbenennungen sind beim French 75 nicht üblich – oft enthält er Gin, aber auch nicht immer; dasselbe gilt für Champagner.
Der Varianten gibt es viele: der French 75 kann frischen Zitronensaft enthalten oder auch nicht. Das Getränk wird in einer Sektflöte, einem anmutigen Coupe oder einem hohen Highball-Glas serviert – er wird mit und ohne Eiswürfel sowie mit oder ohne Garnierung serviert. Er kann Absinth enthalten, aber auch das ist nicht typisch.
Harry MacElhone kaufte nach seiner Zeit im Buck’s Club die berühmte New York Bar in Paris, der er seinen Vornamen voranstellte. Harrys Version des Cocktails baute dort auf den oben erwähnten, früheren Versionen auf. Sein French 75 bestand aus Calvados, Gin, Grenadine und Absinth.
Der French 75, der heute im Harry’s bis zu zehntausendmal pro Jahr serviert wird, verwendet keinen Calvados mehr, sondern Champagner zusammen mit Gin, Absinth, Zucker und Zitronensaft.
Harry Craddock vom Savoy servierte seine Version aus trockenem Gin, Zucker und Zitrone, gekrönt mit Champagner. „Er trifft mit bemerkenswerter Präzision”, soll seinerzeit Vyvyan Holland, der Sohn von Oscar Wilde, gesagt haben.
Heute serviert die Savoy-Bar eine Abwandlung dieses Spruchs, bei der anstelle von London Dry botanischer Bombay Sapphire Gin verwendet wird und der Cocktail in eine Champagnerflöte mit einer lang marinierten bronzefarbenen Maraschino-Kirsche am Boden gegossen wird. Abgerundet wird er mit einer Zitronenzeste.
In den Staaten wurde die Geschichte des Cocktails durch die Prohibition – auch mangels hochwertiger Zutaten – etwas komplizierter. Zwar fand der French 75 im Jahre 1946 erstmalig im „Stork Club Bar Book“ Erwähnung, jedoch wurden in den Jahren nach der Prohibition einfachere Mischgetränke wie Martinis und Highballs bevorzugt.
Zum Beginn des neuen Jahrtausends lebte dann die alte Cocktailkultur wieder auf. Besonders spektakulär war das Wiederaufleben des French 75 in New Orleans.
Wenn man seine lange Geschichte zurückverfolgt, sind zwei Dinge klar: Der French 75 ist immer noch da, weil er mit der Zeit geht – und, um es mit den Worten des Savoy Cocktail Book zu sagen, er findet immer einen Weg, mit bemerkenswerter Präzision zu treffen.
Variationen zur Auswahl
Nachfolgend finden Sie drei Variationen einen French 75 zuzubereiten:
der Savoy French 75
2/3 Gin
1/3 Zitronensaft
1 Teelöffel Puderzucker
Arnaud’s French 75
30ml Cognac – Courvoisier VS
1 Teelöffel frischgepresser Zitronensaft
¼ Teelöffel Sirup
80 ml Champagner
Zitronenzeste zum Garnieren
Harry MacElhone’s French 75
1 Teelöffel Grenadine
2 Spritzer Absinth oder Anis del Oso
2/3 Calvados
1/3 Gin
Immer einen Blick wert: die “Lexikon Reihe”
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